Mannheims Straßen

Mittwoch, Mai 17, 2006

Von der Provence bis zur Toscana


Petrus war mit mir, die Sonne schien. Nach den kräftigen Gewittern in der vergangenen Nacht hatte ich schon befürchtet, meine erste Tour heute im Regen beginnen zu müssen.

Aber zunächst einmal ein paar technische Dinge. Ich habe mir einen Schrittzähler zugelegt, um zu sehen, wie lang die jeweiligen Touren ungefähr sind. Meinen Schrittzähler habe ich auf eine durchschnittliche Schrittlänge von 60cm eingestellt, daraus errechet er dann die zurückgelegte Strecke. Durch die Eingabe meines Körpergewichts kann ich dann auch noch sehen, wie viele Kalorien ich angeblich verbraucht habe. Und, nein, mein Körpergewicht werde ich hier nicht veröffentlichen. Die angegebenen Schritte und die zurückgelegten Strecken sind ungefähre Angaben, da so ein Schrittzähler halt doch nicht ganz perfekt ist. Gezählt wird dann nur die tatsächlich zurückgelegte Strecke. An- und Abfahrt zu dem jeweiligen Stadtteil zählen nicht.

Tour 1
Stadteil: Neckarstadt-Ost
Abgelaufene Straßen: Lange Rötterstraße, Käfertaler Straße, Obere Clignetstraße, Chamissostraße, Kleiststraße, Grillparzerstraße, Lenaustraße, Kobellstraße, Cannabichstraße, Verschaffeltstraße, Uhlandstraße, Untere Clignetstraße, Eichendorffstraße, Schafweide

Die Menschen in dieser Region sprechen häufig von der deutschen Provence oder der deutschen Toscana, wenn sie von ihrer Heimat in der Kurpfalz, Südpfalz oder Nordbaden berichten. Nun, ja, Mannheim als Zentrum ist dann wohl höchstens mit Marseille, Mailand oder Turin zu vergleichen. Eine Industriestadt halt. Aber eine mit einem gewissen Charme.

So muss man dann auch nicht ins Ausland reisen, um französische oder italienische Köstlichkeiten zu probieren. Das geht beispielsweise in der Langen Rötterstraße schon ganz gut. An einem Ende dieser Straße liegt das "Le Toulonnais", an dem anderen das "Adria". Mittendrin kann man dann beispielsweise auch noch einen Ausflug nach Kuba ("Cuba Salsa") machen, wenn man es etwas kospmopolitischer möchte.

Interessant ist auch der Glockenturm der Melanchthongemeinde. Der ist gefühlte hundert Meter hoch und sieht aus wie ein ein wenig zu groß geratenes Baumhaus. Angeblich war er so teuer, dass die Gemeinde nun kein Geld mehr hat ihre Kirche zu renovieren und spielen kann man darin leider auch nicht - man benötigt nämlich eine Spezialfirma, die das Ding einmal jährlich wartet.

Nur einige Meter weiter ist der Nachbarschaftskios (an der Ecke zur Geibelstraße). Ein kleines, schnuckeliges Gebäude, das vor langer Zeit wohl mal eine Polizeistation war. Zumindest soll fast die ganze Ecke unterkellert sein, Versammlungsraum und Zellen inklusive.

An der Käfertaler Straße standen bis vor kurzem noch einige Bäume, die für die Anwohner den Blick auf die Hochhäuser der Neckarpromenade wohl um einiges erträglicher gemacht haben. Die sind nun gefällt worden, um Platz zu machen für eine neue Straßenbahnlinie, die den Alten Meßplatz mit der Friedrich-Ebert-Straße verbinden soll.

Eine weitere Besonderheit in der Käfertaler Straße ist der eigenartige Geruch. In anderen Städten sucht man sich die Wohnung danach aus, ob ein Kindergarten oder eine lebendige Kneipenszene in der Nähe ist. In Mannheim ist das oberste Wohnkriterium, welchen Geruch man am ehesten verträgt. Den der Schokoladenfabrik oder doch lieber den der Brauerei? Den Geruch in der Käfertaler Straße konnte ich nicht genau zuordnen, es roch ein wenig nach verdorbenem Bier, irgendwie muffig. Dass das Abholzen der Bäume etwas mit dem merkwürdigen Geruch in dieser Straße zu tun hat, glaube ich nicht. Komischerweise war er aber nur in dieser einen Straße zu vernehmen.

Zwischen der Langen Rötterstraße und der Käfertaler Straße befinden sich mehrere Wohnstraßen, in denen gibt es u.a. auch ein Kinderhaus, eine Baptistengemeinde, die auch spanischsprachige Gottesdienste anbietet (bei Pastor Castro...), einen Fahrradladen, den der ehemalige Radrennfahrer Willi Altig 1969 eröffnet hat sowie eine sehr sympatische Buchhandlung, die, statt in den Fenstern Werbung für ihre Bücher zu machen, lieber an den Atom-GAU von Tschernobyl erinnert.

In der Cannabichstraße (fügt hier bitte euren Cannabis-Witz ein, die Bewohner der Cannabichstraße kennen ihn bestimmt!) fand sich dann auch noch eine der guten alten gelben Telefonzellen. Und ich dachte, die seien schon ausgestorben. Irgendwo auf dem Land hätte ich die ja noch vermutet, aber mitten in Mannheim?

Zwischen der Unteren und der Oberen Clignetstraße kam ich mir zwischenzeitlich vor, als wäre ich in Barcelona. Auf der Verkehrsinsel befindet sich ein recht großer Kinderspielplatz und auf diesem Platz zwei Figuren, die mich doch sehr stark an den Parc Guell von Antonio Gaudi erinnerten. War Gaudi auch mal in Mannheim? Wäre mir neu...

Das Beste kam dann zum Schluss. Schon ein wenig ausgelaugt von meiner Tour (mein Konditionslevel ist quasi nicht mehr existent), entdeckte ich in der Käfertaler Straße ein kleines, goldiges Bistro/Café. Zunächst stand ich ein wenig verwundert davor, da ich so etwas gediegen cooles bisher nur aus Berlin und Hamburg kannte. "Schwarzes Schaf" heißt es. Vom Hunger gepackt und sehr durstig bin ich dann rein und hab gleich gefragt, wie lang es dieses Café denn schon gibt. Diese Frage hat einen guten Grund. Obwohl ich in der Nähe der Langen Rötterstraße wohne, habe ich erst nach mehr als zwei Jahren das "Toulonnais" entdeckt. Damals war ich sehr entsetzt. Heute hingegen sehr erleichtert, da das "Schwarze Schaf" erst im April eröffnet hat. Die Sandwiches sind ein Traum und wirklich sehr lecker, die mir bisher unbekannte "Fritz-Limo" ist auch zu empfehlen. An die Fritz-Kola "mit dem höchsten erlaubten Koffeingehalt" habe ich mich, nachdem ich meine Colasucht schon vor Jahren besiegt habe, nicht herangewagt.

Derart gestärkt habe ich dann meine erste Tour an der Schafweide beendet. Dass das "Schwarze Schaf" so heißt wie es heißt, ist laut Inhaberin reiner Zufall. Aber ein sehr amüsanter.

Heute abgelaufene Straßen: 14
Dazu benötigte Schritte: 7303
Zurückgelegte Strecke: 4,38km
Angeblich verbrauchte Kalorien: 231 (durch den Halt im "Schwarzen Schaf" sicherlich wieder eliminiert)

PS: Das Foto entstand in der Lenaustraße. Irgendwie provencalisch/toskanisch.

1 Comments:

  • Hi Seán,

    da muss ich gleich zurück klugscheißern. In der Neckarstadt heißt es zwar überall das Rudi Altig den Laden eröffnet hat, laut der Homeopage von Radsport Altig war es aber sein Bruder Willi. Wenn Du mir nicht glaubst, schau halt selber nach ;)

    Dein Angebot nehm ich gern an. Sobald ich mir Neuhermsheim vornehme, melde ich mich bei Dir.

    By Blogger Sven, at 1:55 PM  

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